Mehrbedarf bei Hartz IV: Wer bekommt zusätzliche Leistungen?

Wichtig! Zum 1. Januar 2023 wurde in Deutschland das Bürger­geld eingeführt, welches Hartz 4 ersetzt. Hier finden Sie weitere Informationen zum Bürgergeld.

Das Wichtigste zum Mehrbedarf in Kürze

Was ist ein Mehrbedarf?

Es handelt sich dabei um eine zusätzliche finanzielle Leistung vom Jobcenter, welche Bedarfe decken soll, die nicht durch den Regelsatz abgedeckt sind.

Unter welchen Umständen wird ein Mehrbedarf bewilligt?

Unsere Grafik veranschaulicht, unter welchen Umständen Sie einen Mehrbedarf vom Jobcenter erhalten können.

Wie kann ich einen Mehrbedarf beantragen?

Sie müssen dazu einen entsprechenden Antrag stellen. In vielen Fällen müssen Sie zusätzlich Nachweise erbringen, wie etwa eine ärztliche Bescheinigung. Hier können Sie nachlesen, wie die Beantragung von einem Mehrbedarf beim Jobcenter üblicherweise abläuft.

Mehrbedarf laut § 21 SGB II

Ein Mehrbedarf kann beispielsweise bei Alleinerziehenden bestehen.
Ein Mehrbedarf kann beispielsweise bei Alleinerziehenden bestehen.

Bedürftigen Arbeitslosen steht ein Hartz-IV-Regelsatz zu. Die Leistungen bemessen sich nach den individuellen Umständen des Antragstellers. In einigen Fällen kann es allerdings dazu kommen, dass trotz ALG II ein Mehrbedarf besteht.

In Paragraph 21 Sozialgesetzbuch II (SGB II) sind die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf definiert. So können beispielsweise Schwangere einen Antrag auf Mehrbedarf beim Jobcenter stellen. Doch wer ist noch von dieser Regelung betroffen?

Dieser Frage widmet sich der folgende Ratgeber. Außerdem erfahren Sie, wie hoch die zusätzlichen Leistungen ausfallen und ob diese auch rückwirkend angerechnet werden können.

Grafische Übersicht: In diesen Fällen kann ein Mehrbedarf gewährt werden

Unserer Grafik können Sie entnehmen, wann bei Hartz-4-Bezug die Beantragung von einem Mehrbedarf in Betracht kommt.
Unserer Grafik können Sie entnehmen, wann bei Hartz-4-Bezug die Beantragung von einem Mehrbedarf in Betracht kommt.

Was ist ein Mehrbedarf und wann können Sie ihn geltend machen?

Ein Mehrbedarf entsteht immer dann, wenn die Regelsatzleistungen vom ALG II nicht ausreichen, um besondere Umstände finanziell zu decken. Dies kann, wie bereits erwähnt, beispielsweise bei einer Schwangerschaft der Fall sein. Grundsätzlich definiert das SGB II in § 21 Mehrbedarf als „Bedarfe […], die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

Es ist also ein besonderer Bedarf, zusätzlich zu Hartz 4. Ein solcher kann bei folgenden Gruppen anerkannt werden:

  • Schwangere ab der zwölften Schwangerschaftswoche
  • Alleinerziehende (mit einem oder mehreren Kindern)
  • Bei behinderten Leistungsberechtigten, die an einer Maßnahme zur Teilhabe und Bildung teilnehmen
  • Menschen, die sich kostenaufwendig ernähren müssen (beispielsweise durch eine chronische Krankheit)
  • Bei dezentraler Warmwasseraufbereitung (damit kein Nachteil gegenüber Leistungsberechtigten mit Zentralheizung entsteht)
  • Sonderfälle bzw. Härtefälle (wenn beispielsweise unabweisbare Kosten durch ärztlich verschriebene Pflegeprodukte auftreten)

In all diesen Fällen kann ein Mehrbedarf per Antrag eingefordert werden. Nach Prüfung des Sachverhalts erhalten Berechtigte dann eine zusätzliche Geldsumme zum Regelsatz monatlich überwiesen.

Ein Mehrbedarf steht Ihnen zu, wenn Sie die Voraussetzungen laut § 21 SGB II erfüllen. Es handelt sich nicht um eine Ermessensentscheidung vom Jobcenter oder der Agentur für Arbeit, sondern um ein gesetzlich verankertes Anrecht auf diese Leistungen.

Weitere Artikel zum Mehrbedarf:

Mehrbedarf bei Behinderung Mehrbedarf bei Diabetes Mehrbedarf für Alleinerziehende Mehrbedarf für ein behindertes Kind Mehrbedarf für Schwangere Mehrbedarf für Warmwasser Mehrbedarf bei kostenaufwändiger Ernährung

Wie läuft die Berechnung vom Mehrbedarf bei ALG II ab?

In Paragraph 21 SGB II ist geregelt, wie hoch die Zusatzzahlungen ausfallen.
In Paragraph 21 SGB II ist geregelt, wie hoch die Zusatzzahlungen ausfallen.

Der Mehrbedarf wird in den meisten Fällen nicht individuell berechnet, sondern ist im Gesetzestext definiert.

Er richtet sich prozentual nach dem Regelsatz, der dem Antragsteller ohnehin zusteht.

Allerdings trifft dies nicht auf den besonderen Bedarf bei der Warmwasserversorgung, der Ernährung oder in Härtefällen zu.

Hierbei kann die Zahlung den individuellen Umständen angepasst werden. Dabei handelt es sich immer um Einzelfallentscheidungen. Sind zum Beispiel die Kosten für eine spezielle Ernährung besonders hoch, so wird auch die Mehrbedarfszahlung höher ausfallen.

Gleiches gilt bei jeder Härtefallentscheidung. Da hier ohnehin besondere Umstände zu berücksichtigen sind, kann keine pauschale Angabe über die Höhe der zusätzlichen Leistungen getroffen werden.

Mit einigen Ausnahmen ist die Berechnung vom Mehrbedarf in § 21 SGB II vorgeschrieben und richtet sich prozentual nach dem Regelsatz, den der Hartz-IV-Empfänger ohnehin erhält.

Wie verhält es sich bei einer Laktoseintoleranz?

Umstritten ist die Frage, ob eine Unverträglichkeit gegen Milcheiweiß einen Mehrbedarf wegen erhöhter Lebensmittelkosten rechtfertigt. Ein Mann hatte Anfang 2016 vor dem Sozialgericht Darmstadt geklagt und wollte erwirken, dass auch in diesem Fall zusätzliche Leistungen gezahlt werden.

Die Richter wiesen diese Klage allerdings zurück. In der Begründung hieß es, dass eine Laktoseintoleranz nicht grundsätzlich höhere Lebensmittelkosten verursachen würde. Entsprechende Produkte seien im Discounter erhältlich und würden daher keine Mehrkosten verursachen.

Allerdings kann dieser Urteilsspruch nicht pauschal auf alle Fälle übertragen werden. Es gibt durchaus Ausnahmen, beispielsweise, wenn es sich um eine stark ausgeprägte Laktoseunverträglichkeit handelt, bei der der Betroffene gar keinen Milchzucker essen kann. Dabei handelt es sich allerdings immer um eine Einzelfallentscheidung, die die individuellen Umstände berücksichtigt.

Wie hoch ist die zusätzliche Summe von Hartz IV bei Mehrbedarf?

Aus dem Gesetzestext folgt folgende Aufteilung in Bezug auf die Höhe der zusätzlichen Leistungen durch einen festgestellten Mehrbedarf.

Sie werden prozentual zum Hartz-IV-Regelsatz angegeben:

  • Schwangere ab der 13. Schwangerschaftswoche: 17 %
  • Körperlich oder geistig behinderte Menschen, die an Eingliederungsmaßnahmen teilnehmen: 35 %
  • Alleinerziehende mit einem Kind unter sieben Jahren: 36 %
  • Alleinerziehende mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren: 36 %
  • Alleinerziehende mit fünf Kindern oder mehr: für jedes Kind 12 % (bis zu 60 % maximal)

Diese Zahlungen stehen jedem ALG-II-Beziehenden zu, bei dem ein Mehrbedarf vorliegt. Sie können per Antrag eingefordert werden.

Antrag auf Mehrbedarf

Die Grundsicherung soll bei Mehrbedarf durch zusätzliche Zahlungen gewährleistet werden.
Die Grundsicherung soll bei Mehrbedarf durch zusätzliche Zahlungen gewährleistet werden.

Die Beantragung von Zusatzleistungen wegen eines Mehrbedarfs erfolgt beim zuständigen Jobcenter. Dabei sind für die unterschiedlichen Voraussetzungen verschiedene Formulare auszufüllen. Die entsprechenden Vordrucke werden Ihnen ebenfalls im Jobcenter ausgehändigt.

Handelt es sich beispielsweise um einen Antrag aufgrund einer kostenaufwendigen Ernährung, ist eine ärztliche Bescheinigung beizufügen. Somit können Sie beweisen, dass auch tatsächlich ein Mehrbedarf besteht.

Gleiches gilt für eine Schwangerschaft. Auch hier ist eine Bestätigung des Mediziners erforderlich, damit das Jobcenter einen Mehrbedarf anerkennen kann. Bei einem Anspruch wegen erhöhter Kosten bei der Wasserversorgung ist eine Bescheinigung vom Vermieter erforderlich.

Hier kann die Berechnung der zusätzlichen Zahlungen nach einem Prozentsatz erfolgen oder im Einzelfall höher angesetzt werden. Dazu ist eine detaillierte Beschreibung des Zustandes vonnöten. Weiterhin wird ein Mehrbedarf in diesem Fall für jede in dem Haushalt lebende Person anerkannt.

Es können auch mehrere Mehrbedarfe anerkannt werden. So können Alleinerziehende beispielsweise auch eine kostenintensive Ernährung benötigen. In diesem Fall sind verschiedene Leistungen denkbar. Allerdings wird in § 21 Absatz 8 SGB II eine Höchstgrenze der Zusatzzahlungen festgelegt:

Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs […] darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

Kann man Mehrbedarf rückwirkend beantragen?

Wird ihr Mehrbedarf nicht anerkannt, kann ein Anwalt Ihnen helfen, diesen einzufordern.
Wird ihr Mehrbedarf nicht anerkannt, kann ein Anwalt Ihnen helfen, diesen einzufordern.

Wie verhält es sich aber, wenn der Mehrbedarf erst einige Zeit nach dessen Berechtigung beantragt wird? Können die Leistungen auch rückwirkend eingefordert werden?

Grundsätzlich ist dies zulässig, dazu ist allerdings ein taggenauer Nachweis vom Beginn des Anspruchs auf Zusatzleistungen erforderlich.

Es empfiehlt sich also, dass Sie den Antrag auf Mehrbedarf umgehend beim Jobcenter einreichen, wenn Sie diesen feststellen. Kommt es bei der Bearbeitung zu Verzögerungen oder Sie müssen Ihren Anspruch durch einen Anwalt durchsetzen, so werden die Zahlungen in jedem Fall rückwirkend geleistet.

Wird Ihre Beantragung abgelehnt, obwohl rechtlich ein Anspruch auf einen Mehrbedarf besteht, so können Sie dieses Recht gegenüber dem Jobcenter auch einfordern. Gegebenenfalls kann dazu ein Anwalt vonnöten sein, der Ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht und Ihre Interessen gegenüber der Behörde vertritt.

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Mehrbedarf bei Hartz IV: Wer bekommt zusätzliche Leistungen?
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Über den Autor

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Sarah K.

Seit 2016 unterstützt Sarah das Redaktionsteam von arbeitslosenselbsthilfe.org und erstellt Content für die unterschiedlichsten Themen aus dem Sozialrecht. Zudem ist sie für den Newsbereich verantwortlich.

46 Gedanken zu „Mehrbedarf bei Hartz IV: Wer bekommt zusätzliche Leistungen?

  1. Elisabeta W.

    Ich krig von socialamt keine Zuschuß für winter Klamotten
    Werde angelehnt.

  2. Bianca

    Hallo,
    ich bin leider schwerwiegend chronisch krank, pflegebedürftig, behindert und schmerzgeplagt. Ich habe eine Frage zum Mehrbedarf. Wir wollen uns ja gesund ernähren. Das will ja jeder. Nur kann man es oft nicht… Ich hörte, man bekommt 35% Mehrbedarf bei Behinderung, aber nur wenn man arbeiten gehen kann. Sonst die Hälfte, 17,5%. Nun auch das bekomme ich nicht…! Ich bekomme weder noch… Die sagen, das wären „Hilfen“ für behinderte Menschen für entstehende Mehrkosten infolge Arbeitsaufnahme. Aber die Hilfen entstehen ja weil man behindert ist und nicht, weil man arbeiten geht… Zudem, ginge man normal arbeiten, bräuchte man ja das Amt nicht… die Regelung widerspricht sich selbst. Na gut.
    Mit den hohen Kosten im Aldi-Markt kommt man aber nicht hin. Die 50 Euro die uns die Ampelregierung mehr zugesteht, kostet bereits der Strom mehr… obwohl der Gaspreis seit Okt. 2022 laut Bundesnetzagentur punkt de wieder weit unter 100 Euro pro MWh liegt und die Leute immer sagen, es liege am hohen Gaspreis die die Gaskraftwerke die Gas verstromen haben… Passt vorn und hinten nicht.
    Darum die Idee, was wäre, wenn ich mal eine professionelle Ernährungsberatung konsultiere und mir mal neutral aufzeigen lasse, welche Gerichte für mich gesund sind? Ich glaube die machen 14 Tage Ernährungsplan, Und diese mal querrechnen, was alle Zutaten im Aldi kosten. Das mal 2, hat man ca. einen Monatsbedarf. Grob gesehen. Dann hat man einen Mehrbedarf aus med. Gründen. Der Arzt schreibt sowieso immer in jeden Arztbrief, Patientin ist adipös, wie immer er das auch definiert. Ist man nicht unterernährt zählt man gleich zu adipös. Also müsste man mit einem Vorschlag über eine gesunde Ernährung eines fachkundigen Ernährungsberater rein med. gesehen den Bedarf anerkannt und beim Amt durch bekommen. Oder? Hat das schon mal jemand versucht? Oder gibt es dazu bereits ein Urteil?
    Viele Grüße Bianca

  3. Mirco S.

    Ich habe seit dem 23.12.2022 ein künstliches Herz.Und bin seit Januar 2023 Bürgergeld empfänger.Leider habe ich nur den Pflegegrad 1 .Mein Neffe hilft mir im Haushalt bei Arzt besuchen,Ämterwege und Einkäufe.Leider kann ich ihn nicht bezahlen ausser die 125,€ vom Pflegegrad.Kann ich ein Mehrbedarf beim Sozialamt beantragen?

    MfG Herr S.

  4. Walter K.

    Ich habe den Schwerbehinderten Ausweis 70% Merkzeichen G
    Seit vielen Jahren erhalte ich bei Grundsicherung Mehrbedarf gem.§42 i.V.m.§30 Abs.1 Nr.1SGBX II Euro 76,33
    und Mehrbedarf Warmwasserbereitung Euro10,33
    Jetzt verlangt das Sozialamt einen Nachweis.
    Wie kann ich den erbringen?

    MfG Walter K.

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